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| 132 | “scientia„ |
DIE ALTESTEN FORMEN DER MENSCHLICHEN BEHAUSUNG UND IHR ZUSAMMENHANG MIT DER ALLGEMEINEN KULTURENTWICKLUNG.
Nach einer früher herrschenden Meinung verliefen die Hauptrichtungen der menschlichen Kultur in gewissen einfachen Formenreihen, deren Ausgangspunkte, Haltestellen und Ziele klar zu erkennen sein sollten. Man glaubte, dass diese Formen sich in der gleichen Abfolge bei den einzelnen Gruppen der Menschheit mit einer Art gesetzlicher Notwendigkeit einstellen mussten. So entstanden für die Geschichte der Wirtschaft, des Werkzeugs, der Tracht und der Behausung, der Sitte, des Rechtes und der Religion zahlreiche dürre, geradlinige Schemata, die mehr a priori aus der Vernunft und einer beschränkten Erfahrung, als aus einer umfassenden Kenntnis wirklicher Tatsachen, abgeleitet waren. Wie vorschnell solche Ordnungen auch geschaffen sein mochten, so hatten sie doch den Vorzug aller, auch unrichtiger Ordnungen, eine bessere Grundlage für den Fortschritt der Untersuchungen zu bieten, als eine ungeordnete Stoffmenge und eine ungezügelte Phantasie. Ausserdem waren jene Ordnungen nie ganz unrichtig. Sie scheiterten nur bei dem Versuche allgemeiner Anwendung und gewaltsamer Ausdehnung auf alle Erdteile und alle Gruppen der Menschheit. Sie bewährten sich aber bei gehöriger Beschränkung und richtigem Verständnis als Bruchstücke der Wahrheit, zu denen andere Bruchstücke fort und fort ergänzend hinzutreten müssen, bis jener Grad von Einsicht zu Stande kommt, der uns überhaupt noch erreichbar ist.
