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53 DIE PHYSIKALISCHE GESETZE ETC.

gab Einstein in Bern. In der Darstellung und in den Anwendungen dieser neuen Gedanken ist wohl noch vieles dunkel und unklar; aber der emsigen Arbeit vieler grosser Forscher, die gegenwaertig an jenen neuen Gedanken arbeiten, wird es gelingen, Licht und Klarheit in dies neue Gebiet zu bringen.

Vielleicht wird dieser Weg mit der Zeit zu ungeahnten Aufschluessen fuehren. Vielleicht aber — auch nicht! Vielleicht liegt das Problem des Universum bedingungslos ausserhalb der ewigen Grenzen menschlicher Fassungskraft und es bleibt bei dem Ignorabimus. Wir brauchen nicht gerade an die niedere Thierwelt zu denken um ein Analogon zu finden fuer solche Grenzen des Fassungsvermoegens. Der Intellekt jener kleinen Wesen, von denen wir oben sprachen, mag dem des Menschen nicht nachgeben und dennoch liegt unsere Welt ebenso ausserhalb ihrer Vorstellung, wie der Raum Z ausserhalb der unserigen; der Raum Z kann also ebenso unhomogen sein im oben erklaerten, erweiterten Sinne des Wortes, wie unsere astronomische Welt unhomogen ist im engsten Sinne des Wortes und nicht etwa nur aus Kupfer aufgebaut ist. Vielleicht ist der Raum Ax homogen d. h. er besteht aus N (eine Eins mit 90 Nullen) Welten die sich nicht wesentlich von unserer astronomischen Welt A unterscheiden; vielleicht sind auch A2, A3 u. s. w. bis A10 homogen. Aber von A10 bis Z ist noch ein sehr weiter Weg, auf dem zuerst leise anwachsende Variationen auftreten koennen, bis zur voelligen Veraenderung aller Erscheinungen und Gesetze.

Wir wissen nicht, ob dies Universum-Bild richtig ist; aber noch viel weniger haben wir ein Recht zu behaupten, dass es falsch, dass das Universum homogen sei. Es entspricht der wahren Groesse der Wissenschaft und zeugt von richtiger Selbsterkenntniss, wenn wir den Mut haben einzugestehen, dass es auch in dieser Frage eine Schranke giebt, ueber die wir noch nicht hinausgelangt sind. Wir sollen die Wissenschaft nicht herabwuerdigen, indem wir sie als Zeugen anrufen fuer Behauptungen, die ihr fremd sind und mit denen wir den Jubel einer irregefuehrten Menge erregen. Wir wollen weiter arbeiten und auf die ferne Zukunft hoffen, die der Menschheit die Loesung manches Raetsels bringen wird; vielleicht werden dereinst auch die Schleier fallen, die uns jetzt noch das Raetsel des Universum verhuellen.

St.[.t] Petersburg, Universität.