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145 DIE ENTSTEHUNG DER BODENWIRTSCHAFT

etwas über die Thätigkeit der Frauen zu erfahren. Es liegt aber die Vermutung nahe, dass hier auf irgend einem besonderen Wege Dauerpräparate hergestellt werden, die für uns auch technisch wichtig werden könnten, weil sich bei näherem Zusehen vielleicht herausstellen würde, dass der Nahrungserwerb auch andrer scheinbar roher Völkerschaften doch durchaus nicht so einfach ist, wie es flüchtigen Beobachtern vorkommt. Wir haben eine ganze Reihe von recht schwierigen Verfahren kennen gelernt, in denen aus zunächst ganz ungeniessbaren Dingen durch eine mühsame und langwierige Zubereitung, die sich durch Tage und Wochen hinziehen kann, schliesslich doch ein geniessbares Nahrungsmittel hergestellt wird, das ihren Ansprüchen genügt.

Hier bei den Australiern begegnen wir nun aber auch den allerersten Anfängen eines wirklichen Pflanzenbaues in einer Form, die wir theoretisch garnicht so gut erfinden könnten, wie die Wirklichkeit sie uns bietet. Westaustralien ist eines der ödesten Gebiete in dem, wie in Australien überhaupt, Dürre und Ueberschwemmung schreckenvoll abwechseln. Es darf uns daher nicht wundern, wenn neben der Wüste Sümpfe existieren. Aus solchen Sümpfen holten nun die Weiber mit einem der verbreitetsten und ältesten Geräthe der ganzen Menschheit, dein Grabstock, die Wurzeln der Yams hervor, einer wilden Form der Dioscorea, die in ihren kultivierten Verwandten ja eine wichtige Knollenfrucht der anstossenden Gebiete Indonesiens geliefert hat. Sie schnitten dabei die Köpfe dieser Wurzelstöcke ab und pflanzten sie in die ursprünglichen Löcher im Sumpf zurück. Vielleicht waren die Köpfe besonders faserig, vielleicht waren sie auch besonders bitter. Jedenfalls haben wir hier den allerersten Anfang einer Bodenkultur, der in eine doch recht bestimmte Richtung deutet und aus dem mit der Zeit doch sicher etwas recht Bedeutendes hätte werden können.

Es ist aber nicht zu übersehen, dass in diesen und ähnlichen Verhältnissen ein beträchtlicher Teil aller Anfänge der Bodenkultur liegt und liegen muss. Diesen ganzen, doch wie man zugeben wird sehr einfachen Gedankengängen gegenüber ist es nun überhaupt ganz ausserordentlich schwer, sich auch nur eine Vorstellung davon zu bilden, wie die Hirtenhypothese darauf kommen konnte, schweifende Jäger hätten einen Teil ihrer Jagdbeute erst gezähmt und seien so zu