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97 Schule und Mehrsprachigkeit im Kanton Graubünden


Das Sprachengesetz zielt unter anderem darauf, die Dreisprachigkeit als Wesensmerkmal des Kantons zu stärken und das Bewusstsein für die kantonale Mehrsprachigkeit zu festigen. Es regelt den Gebrauch der drei kantonalen Amtssprachen durch den Grossen Rat, die Regierung, die Verwaltung und die kantonalen Gerichte. Bei diesen Regelungen handelt es sich größtenteils nicht um neue Festlegungen, sondern um die Verankerung der Praxis, die bereits vor dem Inkrafttreten der neuen Kantonsverfassung bestand. In einem zweiten Teil regelt das neue Sprachengesetz die Maßnahmen, mit denen die kantonalen Minderheitensprachen Rätoromanisch und Italienisch erhalten und gefördert werden sollen. Ebenfalls neu ins Sprachengesetz aufgenommen wird die Möglichkeit, den Austausch zwischen den Sprachgemeinschaften zu fördern. Schließlich regelt das Gesetz, wie die Amts- und Schulsprachen der Gemeinden und Kreise festgelegt werden und wie Kanton und genannte Körperschaften bei der Bestimmung ihrer Amts- und Schulsprachen zusammenwirken. Im Schulbereich hat das neue Sprachengesetz nur Konsequenzen für die Wahl der Schulsprache (Art. 16-25). Die Gemeinden regeln in ihrer Gesetzgebung die Schulsprache für den Unterricht in der Volksschule nach den Grundsätzen dieses Gesetzes. Die Regierung kann im Interesse der Erhaltung einer bedrohten Landessprache bei der Wahl der Schulsprache auf Antrag der Gemeinde Ausnahmen bewilligen. In mehrsprachigen Gemeinden erfolgt der Unterricht in der Erstsprache in der angestammten Sprache. In mehr- und deutschsprachigen Gemeinden kann die Regierung auf Antrag der Gemeinde im Interesse der Erhaltung der angestammten Sprache die Führung einer zweisprachigen Volksschule bewilligen1. In Gemeinden mit einem Anteil von mindestens 10 % von Angehörigen einer angestammten Sprachgemeinschaft sind während der obligatorischen Schulzeit Rätoromanisch bzw. Italienisch anzubieten.

2.4. Das Funktionieren der Dreisprachigkeit im Kanton Graubünden Angesichts der anhaltenden Stärkung des Deutschen und dem Druck des Englischen auf die beiden Minderheitensprachen Romanisch und Italienisch erhält die Frage nach dem Funktionieren der Mehrsprachigkeit in Graubünden besondere Brisanz. Unter dem Titel «Das Funktionieren der Dreisprachigkeit im Kanton Graubünden» 2hat das Institut für Kulturforschung Grau

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  1. 7 Beschlüsse über den Wechsel von einer einsprachigen zu einer mehrsprachigen Gemeinde und umgekehrt bedürfen der Genehmigung der Regierung. Das neue Sprachengesetz schränkt also die Gemeinden in dieser Beziehung in ihrer Autonomie ein: Es ist den Gemeinden nicht mehr möglich, ohne regierungsrätliches Einvernehmen die Amts- und S chulsprache zu wechseln. In diesem Sinne ist es ein Entscheid zugunsten der Minderheitensprachen.
  2. Grünert/Picenoni/Cathomas/Gadmer (2008). Das Forschungsprojekt wurde mit Beiträgen des SNF zur Förder ung der wissenschaftlichen Forschung, der Kulturförderung des Kantons Graubünden, der Pro Grigioni Italiano und der Lia Rumantscha finanziert.