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XVIII | Einleitung |
es ist das getreue Abbild seines ganzen Schaffens. Es nimmt sich wie die Freude über das Gelingen seiner Lebensarbeit aus, wenn er im Jahre 1910 die „Canzuns de Baselgia de Tarasp“in gothischer Schrift mit den naiv köstlichen Bildern der gothischen Zeit in den Initialen abschreiben und vervielfältigen läßt.
Aus diesem Vorwort und der notdürftigsten Aufzählung der Bände der Chrestomathie, die am Ende dieser Zeilen folgt, wird man erkennen, daß er ein Werk für sich und das romanische Volk errichtet hat, über welches er sich freuen durfte. Seine Arbeit weckte aber auch neues literarisches und nationales Leben. Die Dichter des gegenwärtigen Bandes geben dieser Idee lebhaften Ausdruck. Eine strichweise Würdigung derselben dürfte Beachtung finden.
Die Reihenfolge der in diesem Bande auftretenden Dichter soll keineswegs eine Klassifikation ihrer Arbeit bedeuten; wir reihten sie lediglich nach der Einreichung der Manuskripte aneinander; auch haben wir die jüngeren Sterne, die erfreulicherweise aufzugehen beginnen, unberücksichtigt gelassen, damit sie in Bescheidenheit zu den Höhen der Musen sich empormühen. In der Auswahl der Gedichte suchten wir dasjenige zu treffen, was zur Charakteristik des Dichters am meisten beizutragen schien und zugleich durch Form und Inhalt bleibendem Wert haben dürfte. Bei einzelnen Gedichten war das Kulturhistorische oder das spezifisch Nationale trotz ungenügender Form ausschlaggebend. Wir halten die romanische Bewegung für so gefestigt und die Bedeutung der Dichter für so groß, daß selbst das vielgefürchtete aber allgemein gewünschte Anlegen des Messers der Kritik zur Veredlung der Bäume, anstatt zum nutzlosen Saftverlust beitragen wird.
Derjenige Dichter, der die neuere Poesie ganz vorzüglich bereichert hat und dabei stofflich von Decurtins am meisten Anregung entgegennahm, ist Florin Camathias, ein Epiker, der in kristallheller Sprache ohne nennenswerte Härten und Germanismen sauber im Rhythmus und Versmaß drei kostbare Epen und dazu ein Schauspiel, ein Lustspiel und zahllose Lieder dem romanischen Volke schenkte. Wie Uhland hat er das Talent seine Stoffe in epischer Ruhe und Anschaulichkeit vorzuführen, Gestalten der Vergangenheit aus den Ruinen der rätischen Schlösser hervorzuzaubern, kulturhistorische Bilder damit zu verweben und in romantischer Zauberbeleuchtung alte Sagen und Märchen zu erzählen. Zahlreiche meisterhafte Übersetzungen der lateinischen Völkerfamilie, die eine neue nationale und literarische Bewegung in den letzten Zeiten hatte, wirkten auf ihn wie Herders „Stimmen der Völker“. Decurtins wies ihn diesen Weg. Vorab das Epos „Historias dil munt Sogn Gieri“, das in diesem Bande an erster