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Vorwort.

Das reichste literarische Lebenswerk von Nationalrat Dr. Caspar Decurtins, das er seiner geliebten Muttersprache, dem Rätoromanischen, gewidmet hatte, das unter seiner Hand bis zum X. Band und auf zwei Ergänzungsbände1 herangewachsen war, beklagt das letzte Hinscheiden des unermüdlichen Sammlers; er wurde am 1. Juni 1916 auf dem Friedhof seiner Heimatgemeinde im Schatten des altersgrauen Turmes, den er in seinen Schriften öfters nannte, zur Ruhe bestattet. Die ordnende Hand des genialen Erbauers dieses großartigen Denkmals rätoromanischen Schrifttums … ist erstarrt. Weinend jammert die romanische Märchenfrau um den Knaben, der am aufmerksamsten ihr geheimnisvolles Fabulieren erlauschte und durch den Druck weitergab. Wie von Tränen trübten sich die blauen Seelein der rätischen Alpengegenden, in denen er so viel Nixen entdeckt hatte und die Windgeister, welche hie und da noch aus dem Gebälke der Alphütte sich kündeten, wehten wie Seufzer, die einem Toten nachgehen; derjenige, der diesem körperlosen Schemenvolke Sprache gab, ist tot!

Der Wissenschafter, die Folkloristen und Romanisten dürfen sich indessen trösten; denn das Werk Decurtins ging bei seinem Ableben der absehbaren Vollendung entgegen. Es handelt sich noch um größere Nachträge, die zum Teil gesammelt vorliegen, der ordnenden Hand warten und der klugen Auslese harren, und dann um Vervollständigung einzelner wertvoller Literaturprodukte neuerer Zeit, welche erkennen lassen, wie machtvoll der Weckruf Decurtins in der gegenwärtigen Generation gewirkt hatte.

Im Ischi, Jahrgang VI, 1902, hatte er prophezeit: „Nus havein negina tema, che l’aura permavauna, che tila tras la tiara romontscha, vegni aunc a far crescher si in bi curtin, in ornament de nossa literatura. E quei che nos giuvens amitgs contan ussa, vegn ad anflar in echo tier ils affons dils affons e quels che neschan dad els.“Durch öftere persönliche Besprechung mit dem Verstorbenen und durch verständnisvolle Hilfe, fleißige Kopier- und Korrekturarbeit der Witfrau Nationalrat Decurtins Maria, welche mit wirklicher Kenntnis schon die Schreiberlast der früheren Bände


  1. Der Rätoromanischen Chrestomathie.