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Einleitung. IX

und Tanz, ursprünglich wohl mit Gesang und Tanz gefeiert. Wir vermuten, jene Feier sei die eigentliche mantinada gewesen und jene mantinada, die später in einzelnen Gemeinden des Vorderrheintales aufgeführt wurde und das damit zusammenhängende Spiel vom Austreiben der Fastnacht sei eine Übertragung der ursprünglichen Frühlingsfeier auf die Fastnacht. So gehört jenes Frühlingsliedchen, das die Kinder in verschiedenen engadinischen Gemeinden vor den Häusern sangen, um sich eine freundliche Gabe zu ersingen, zu den ältesten Denkmälern der rätoromanischen Poesie.

Weit zurück in graue Zeit reicht auch das St. Margaretalied, das vom Ende des goldenen Zeitalters in den Alpen erzählt und das Pfarrer Mohr noch im hochgelegenen Remüs gehört hat. Es hat das Lied die älteste Fassung der Margaretalegende zur Voraussetzung.

Zum ursprünglichen Bestand der rätoromanischen Volkslieder gehören offenbar jene Lieder, welche zum Tanze gesungen wurden und nach deren Weise getanzt wurde. Der feierliche Reigentanz wurde, wie wir aus einzelnen surselvischen Märchen ersehen, auf grünem Felde aufgeführt. Die Jugend versammelte sich im Engadin wie im Oberland während des Mittelalters zu Spiel und Tanz auf offenem Felde. Campell hat uns den Anfang eines alten Liedes, eine Aufforderung zum Tanz, überliefert:

„Strada commüna ad yra sullatzar“.

Neben dem Reigenlied Nr. 84 verweisen wir auf das eigentümliche Lied vom Fischer; es ist ein altes Erbstück der rätoromanischen Hochzeitsfeier, das nicht wie die ursprünglichen Hochzeitsreden der herben Sittenpolizei der jungen Reformation weichen musste, aller Wahrscheinlichkeit nach ein Tanzlied.

Aus den engadinischen Schauspielen, die allerdings zumeist Übersetzungen sind, erhellt, wie das Lied in enger Beziehung zum Tanze stand; da begegnen wir Wendungen wie: „Wir tanzen nicht nach deinem Liede“, „nach eigenem Liede tanzen“. Zu den ältesten Liedern der Rätoromanen gehören die Spottlieder. Es sind uns einige solche aus dem Unterengadin erhalten, die, wie aus dem urwüchsigen Ton, den derben Kraftsprüchen und altertümlichen Bildern, wie boscha grischa, ersichtlich ist, ins Mittelalter zurückgehen.

Von den Tierfabeln, die uns in den dichten Wald zurückführen, wo der Mensch noch in inniger Beziehung zu den Tieren stand, hat sich nur ein karges Bruchstück erhalten; es ist das im Engadin wie im Oberland gesungene Lied von der Liebe der Heuschrecke und der Ameise. Im Engadin wie im Oberland finden sich noch Spuren des Liedes von der Tierhochzeit.