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XIV | Einleitung. |
Andeutungen Opposition zu machen wagt, so greift das ladinische Rügelied den Toten mit leidenschaftlichem Hasse an.
Hierher gehört auch das schon im Band VI dieses Werkes veröffentlichte Lied über die Belagerung von Montalban; der Umstand, dass dieses Lied in Handschriften immer wiederkehrt, ist ein Beweis, wie man in den rätischen Tälern regen, ja leidenschaftlichen Anteil nahm an den Kämpfen der Religionsgenossen ausserhalb des Landes und selbst Bluts- und Stammesverwandtschaft darüber vergass.
Das Lied „von der Bündner Freiheit“, das uns in zahlreichen Varianten überliefert wurde, zeigt, wie bei dem auf seine Vergangenheit so stolzen Bündnervolke die Geschichte dazu dienen musste, in den alten die neuen „Tyrannen“zu bekämpfen und das Volk gegen Österreich - Spanien aufzureizen, während das Lied von Wilhelm dem Tellen dartut, wie jenes Band, das sich auf dem Schlachtfelde der Kalvenklause in den ersten blutigen Fäden um die drei Bünde und die alte Eidgenossenschaft geschlungen hatte, im 17. Jahrhundert einen neuen Einschlag erhielt.
Der Untergang des Marktfleckens Plurs, der wie ein erschütternder Zwischenakt der blutigsten rätischen Parteikämpfe zu den Greueltaten der Menschen noch die Schrecknisse der Natur gesellte, hat in zwei Liedern (vgl. Bd. VI p. 164 — 171) bewegten Widerhall gefunden.
Wenn sich in solchen historischen Volksliedern nicht bloss die bewegte Zeit, sondern auch jener kühne und gewaltige Geist des freien Bauernvolkes widerspiegelt, so wurde mit dem Niedergang des rätischen Freistaates in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts das historisch - politische Lied unbedeutender; man begnügte sich, diesen und jenen tapferen Offizier zu besingen, der unter fremder Fahne bündnerische Soldaten anführte, wie jenen Herkules de Capaul, der bei Menin fiel. Allmählich musste das Kampflied dem Klagelied über schlechte Zeiten und böse Menschen Platz machen.
Zahlreich sind die Spott- und Rügelieder, wie denn auch die Schriftsteller aus dem 18. und beginnenden 19. Jahrhundert, die über Graubünden schrieben, es nicht unterliessen, auf die Neigung der Rätoromanen zur Satyre hinzuweisen. Da aber diese Lieder allzu sehr das Gepräge des Persönlichen und Lokalen an sich tragen, mag es an nur wenigen Proben genügen.
Wir glaubten auch ein Lied da bacharia geben zu müssen, das von möglichst vielen Nachbarn während des Fleischhackens und Fleischwiegens am breiten Stock gesungen wurde. Das alte Lied: „L’otra saira a bacharia“, nach dessen Melodie so viele Volkslieder gingen, konnte leider bis jetzt nicht aufgefunden werden.