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zerische Akademie der Naturwissenschaften die Alpenforschung zu einem Schwerpunktthema gemacht und veranstaltet dazu regelmässig nationale und internationale Tagungen. Die Forschungen sollen dazu dienen, die Auswirkungen der modernen Gesellschaft auf die alpine Umwelt zu verstehen und im Sinn einer nachhaltigen Entwicklung zu beeinflussen.25 Sie sind entschieden interdisziplinär angelegt. Wie sich Flistoriker zu der neuen Initiative stellen, kann man in einem Beitrag von Roger Sablonier nachlesen, der in diesem Band abgedruckt ist.


SCHLUSS

Die historische Forschung zu den Alpengebieten der Schweiz kann sich in den letzten Jahrzehnten über zahlreiche Aktivitäten ausweisen und nimmt an Intensität zu. Wer sie an der alpinen Nationalsymbolik des Landes misst, muss allerdings zu einer anderen Einschätzung gelangen, denn die Ballungszentren des Mittellandes werden sehr viel häufiger thematisiert als die Bergregionen: Die symbolische Ebene findet auch in diesem Fall nur einen beschränkten Niederschlag in der Praxis.

Trotz des Aufschwungs einer regionalen Geschichtsschreibung folgen viele historische Studien in der Schweiz weiterhin der staatlichen Gliederung auf kommunaler, kantonaler und nationaler Ebene. In allen Gattungen wirft der Bezugs- und Vergleichsrahmen zunehmend Probleme auf. Eine übliche Praxis, nämlich die Orientierung an der nächsthöheren Ebene, verliert durch gesellschaftliche Vorgänge (Europäisierung, Regionalisierung) und durch verlagerte Forschungsinteressen (Berücksichtigung nichtstaatlicher Phänomene) an politischem Rückhalt und wissenschaftlicher Plausibilität. In dieser Situation trägt eine internationale Alpenforschung zu neuen Orientierungen bei. Der geographische Raum sollte dabei als heuristisches Prinzip betrachtet werden, als Referenzpunkt für eine Forschung, die sich weder geographisch noch thematisch isoliert. Historische Untersuchungen brauchen nicht von vornherein Umwelteinflüsse zu privilegieren wie die traditionelle Geographie. Kohärente Räume ermöglichen besser kontrollierte Vergleichsverfahren, als sie etwa in der Anthropologie Tradition haben. So gesehen kann die historische Alpenforschung auch jenseits der räumlichen Definition für die moderne Geschichtswissenschaft von Bedeutung sein.

51 HISTOIRE DES ALPES - STORIA DELLE ALPI - GESCHICHTE DER ALPEN 1996/1